Ein früher Kämpfer gegen den Klimawandel

Franz Bachofen von Echt und die Begrünung der Banater Sandwüste

Die Stunde des 25-jährigen Franz Bachofen von Echt schlug mit dem Befehl des Erzherzog Karl IV, die Banater Sandwüste zu bewalden. Der österreichische Erzherzog hatte 1807 bei einer Reise ins Banat Klagen der Bauern vernommen, weil drei Jahre zuvor fruchtbares Ackerland von Flugsand bedeckt worden war. Die Flugsandfläche der so genannten Banater Sandwüste wurde von einem Orkan verdoppelt. „Es möge sofort gründlich überlegt werden, wie der offene Flugsand am zweckmäßigsten zu binden und so der Verwüstung der Nachbarschaft Einhalt zu tun wäre“, so der Befehl des Erzherzogs im Wortlaut.

In Temeswar, der Hauptstadt des Banats hatte der junge Adlige, Franz Bachofen von Echt, aus dem Haus des kurtrierischen Hofrats Franz Martin Bachofen von Echt in Ehrenbreitstein, die Ausbildung vom Forstpraktikanten zum Waldmeister 1804 erfolgreich abgeschlossen und schickte sich an, Karriere zu machen. Als er im Jahre 1807 den Befehl zur Sandbindung im Banat vernahm, ergriff Franz Bachofen von Echt diese einmalige Chance und wurde so zum „Sandbindungspionier“ in der Banater Sandwüste, die auch mit den Namen ‚Europäische Sahara‘, ‚Agger Romanorum‘ oder einfach als Deliblater Sanddünen bezeichnet wurde.

Einem Dokument vom 21.12.1808, das im Nationalarchiv Temeswar liegt, ist zu entnehmen, dass der Waldmeister Bachofen, 500 Eichensetzlinge bestellte. Diese brauchte er zur Anpflanzung auf der offenen Flugsandfläche, die sich zwischen den Banater Orten Weißkirchen (Bela Crkva / Biserica Alba / Fehertemplom) und Karlsdorf (Banatski Karlovac) oder zwischen den Flüssen Karasch, „Tamisch“/ Temesch und Donau erstreckt.

Die erste Phase seiner Unternehmungen, den Flugsand zu binden, führte zu Vermessungsarbeiten, Untersuchungen des sandigen Bodens und ersten Pflanzungen. Eichen erwiesen sich als unbrauchbar, den Sand zu binden. Später führten Pappeln, zunächst Setzlinge aus der Region, später kanadische zu Erfolgen. In den Jahren bis 1815 konnte Bachofen wenige erste Erfolge erzielen. Seine Erkenntnisse verarbeitete er in einem ersten Sandbindungsplan, den er 1815 dem Hofkriegsrat in Wien vorlegte. Sein erster Sandbindungsplan wurde von Anton Rochel, Ritter von Heintl und anderen begutachtet und zur weiteren Bearbeitung an Bachofen zurückgegeben. Bachofen nahm die Anregungen seiner Wiener Kollegen mit ins Banat und führte neue Untersuchungen durch.

1817 hatte Bachofen seinen Sandbindungsplan überarbeitet und konnte ihn nun korrigiert in Wien vorgelegen. 1818 wurde so der zweite Sandbindungsplan des Franz Bachofen von Echt genehmigt. Bachofen erhielt nun endgültig den Auftrag, das vermutlich weltweit erste Klimaschutzprojekt überhaupt in die Tat umzusetzen.

Ein Problem trat in den Jahren vor 1815 deutlich auf. Bachofen hatte versucht, den

beständig aus der Karpatenschlucht der Donau wehenden Wind Koschawa mit einer Baumreihe „aufzuhalten“. Dieses Ansinnen misslang, der Wind blies von den Seiten her die Wurzeln frei und legte so die Bäume um. Daraus schlossen Bachofen und angeblich auch Ritter von Heintl, dass die Anpflanzungen in langen Reihen der Windrichtung folgend, also mit dem Wind von außen nach innen durchzuführen seien. Der Windrichtung folgend, pflanzt die heutige Waldaufsichtsbehörde Vojvodina Šume bei Aufforstungen, etwa nach Waldbränden, neue Baumreihen an.

Franz Emerich Josef Anton Maria Bachofen von Echt, war der Sohn des kurtrierischen Hofrats Franz Martin Maria Bachofen von Echt und dessen Frau Maria Anna Katharina Margaretha Susanne, geborene von Mainone. Die Eltern hatten am 20. Mai 1777 geheiratet und vor Sohn Franz zwei Söhne zur Welt gebracht. Seine Mutter war sechs Jahre als Maria Magdalena Keverich, die spätere Mutter des berühmten Komponisten Ludwig van Beethoven. Die beiden Mütter großer und erfolgreicher Söhne waren in der gleichen Nachbarschaft in Ehrenbreitstein aufgewachsen und kannten einander sicherlich.

Der vier Jahre jüngere Bruder Karl Nepomuk nahm 1815 am Feldzug gegen Napoleon teil, während der älteste Bruder Johannes Abundius vorher bereits wegen einer Verschwörung gegen Napoleon nach Böhmen fliehen musste. Der jüngste der sechs Bachofen-Geschwister aus Ehrenbreitstein, Johann Philipp Franz

Bachofen von Echt, geboren 1788, folgte Franz Emerich Josef Maria Bachofen ins Banat und wurde dort im Grenzregiment Nr. 12 des deutsch-banater Grenz-Regimentsbezirks Major. Die Brüder müssen zeitlebens miteinander zu tun gehabt haben, denn das Aufforstungsprogramm der Banater Sandwüste war dem Militärgrenzkommando zugeordnet. Das Geburtshaus der Geschwister Bachofen ist auch das Elternhaus ihrer Mutter. Deren Vater, der Hofkammerrat Johann Abundius von Mainone, hatte 1759 das Haus in der heutigen Humboldtstraße 129 käuflich erworben. In Ehrenbreitstein wird das Haus noch heute als das „Schlößchen“ bezeichnet. Die Familie Bachofen blickt auf eine lange Ahnenreihe, ausgehend von einem kleinen Ort bei Roermond bei Echt (NL) zurück, der heute Baekhoven heißt und in Belgien liegt. Unter Bachofens Ahnen befanden sich auch Ratsherren in Köln, wohnhaft in der dortigen Schildergasse.

Über den Sandbindungspionier und Grenz-Walddirektor Franz Bachofen hat Josef

Wessely 1873 in seinem Buch „Der europäische Flugsand und seine Kultur im Hinblicke auf die Banater Sandwüste“ Geschichten veröffentlicht, die von wiederkehrenden Konflikten zwischen dem Grenz-Walddirektor und den militärischen Befehlshabern künden. So soll Bachofen einst Soldaten zur Anpflanzung von 1 Million Pappelsetzlingen beordert haben, obwohl die Soldaten zur Grenzsicherung und anderen Diensten vorgesehen waren. Der gelegentliche Ärger mit den Generälen vermittelt dem geneigten Leser den Eindruck eines braven Soldaten Schweijk.

Doch Franz Bachofen von Echt war in der militärischen Hierarchie der deutsch-banater Militärgrenze kein einfacher Soldat, sondern galt etwa dem serbischen Schriftsteller Dragutin Ilkic 1970 in dessen Roman „Der Feldzug“ (srb. Pohod) als Edelmann und Befehlshaber einer kleinen Einheit aus Soldaten. Diese waren zu seinem Schutz und seiner Unterstützung schon lange vor Erstellung des ersten Sandbindungsplans eingeteilt. Im Roman lässt er sechs Gefangenen die Ketten abnehmen, weil diese ihre Strafe bei ihm auf dem Flugsandgebiet ableisten sollten. Der Schriftsteller aus Pancevo hatte im gesamten Südbanat Archive – staatliche und kirchliche - durchsucht, um den Roman möglichst originalgetreu verfassen zu

können. Vor Wessely und Ilkic tauchte Franz Bachofen bereits bei Anton Rochel in dessen Werk „Botanische Reise in das Banat im Jahre 1835“ in einem sehnsuchtsvollen Gruß als Freund des Botanikers auf, den dieser einst wieder von einer „Banater Alpenkuppe“ grüßen möchte.

Franz Bachofen von Echt wurde mit seinen Brüdern 1830 in den Erbländischen Adel

Österreich-Ungarns aufgenommen und nannte sich fortan Franz Emerich Josef Anton Maria Bachofen Edler von Echt. Als solcher starb er im August 1849, acht Jahre nach seiner Pensionierung, in der Banater Stadt Werschetz (srb. Vrsac) „vom Schlage gerührt“. Mit seinem Tod tun sich offene Fragen auf: Im Kirchenbuch der Katholischen Kirchengemeinde Vrsac ist das Ableben Bachofens im August 1849 nicht vermerkt. Dies verwundert, weil Bachofen dank seiner Lebensleistung schon zu Lebzeiten in der Bevölkerung beliebt war und verehrt wurde. Der alte katholische

Friedhof von Vrsac wurde noch unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei

Jugoslawiens zum Parade- und Aufmarschplatz eingeebnet. Einige alte Grabsteine wurden einer Zweitnutzung zugeführt und so besteht die theoretische Möglichkeit, den alten Grabstein und dessen überschriebene Inschrift mit dem Namen Franz Bachofen zu finden. Die Frage, ob Bachofen einst evangelisch war, lässt sich nach heutigem Kenntnisstand nicht eindeutig beantworten. Die Wahrscheinlichkeit, dass er bereits in Ehrenbreitstein evangelisch getauft worden war, ist nahezu ausgeschlossen. Josef Wessely klagte 1873 in seinem Buch „Der europäische Flugsand und seine Kultur im Hinblicke auf die Banater Sandwüste, von Franz Bachofen Edler von Echt keine Dokumente vorgefunden zu haben.

Einige Dokumente sind in südbanater Archiven vorhanden und warten auf die wissenschaftliche Auswertung. Der mutmaßliche Bestand aus dem Zeitraum 1815 bis 1835 konnte noch nicht gefunden werden. Hier besteht die Möglichkeit, dass die Dokumente verstreut in Archiven in Temeswar, Budapest, Wien, Pancevo, Novi Sad und anderen Orten liegen.

Die Waldaufsichtsbehörde Vojvodina Šume mit ihrer Banater Abteilung Banatske Šume sieht den dringenden Bedarf, das Wissen aus den alten Dokumenten aus der Aufforstungszeit unter dem Grenz-Walddirektor Bachofen endlich für die eigenen Schutzkonzepte zu erschließen. Damit erfährt Franz Bachofen Edler von Echt eine neue Relevanz auch als ein früher Akteur gegen den Klimawandel in Europa.

 

 

Literatur:

Anton Rochel: Botanische Reise in das Banat im Jahre 1835 nebst Gelegenheits-Bemerkungen und einem Verzeichniß aller bis zur Stunde daselbst vorgefundenen wildwachsenden phanerogenen Pflanzen, sammt topographischen Beiträgen über den südöstlichen Theil des Donau-Stromes im österreichischen Kaiserthum, Pesth 1838, bei Gustav Heckenast; Leipzig bei Otto Wigand

Joseph von Dorner: Das Banat in topographisch-naturhistorischer Beziehung, mit besonderer Berücksichtigung der Herculesbäder nächst Mehadia und ihrer Umgebungen, Pressburg 1839, Druck und Verlag von C.F. Wigand

Josef Wessely: Der europäische Flugsand und seine Kultur: besprochen im Hinblike auf die Banater Sandwüste insbesondere, Wien 1873, Verlag Faesy & amp;

Frick K. Adolf Bachofen von Echt: Beiträge zur Geschichte der Familie Bachoven von Echt, dritte vermehrte Auflage mit 137 Familienbildern, Wien 1904, im Selbstverlag des Verfassers

Herbert M. Schleicher: Ratsherrenverzeichnis von Köln zu reichsstädtischer Zeit von 1396-1796, Köln 1982, Veröffentlichungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde, Neue Folge Nr. 19, Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde e.V.